Mit der Zielgruppe auf Augenhöhe kommunizieren und dabei eine engere Bindung zum Kunden aufbauen – Social-Media bietet dafür heute tolle Möglichkeiten. Auch Handwerksunternehmen sollten diese Chance nutzen, um sich langfristig in den Köpfen ihrer Kunden und auch Neukunden zu verankern. Der Malerfachbetrieb Heyse GmbH & Co. KG hat Social-Media-Kommunikation bereits 2006 für sich entdeckt und generiert mittlerweile sogar Aufträge in dieser Atmosphäre. Wir haben in einem Interview mit Geschäftsführer Matthias Schultze über seine Online-Aktivitäten geplaudert.
Social-Media gehört in Ihren Unternehmensalltag: Facebook, twitter, YouTube, Google+, Pinterest und ein eigener Blog werden von Ihnen mehr als regelmäßig bespielt. Warum und wann haben Sie sich für diese Art der Kommunikation entschieden?
Der Gedanke Möglichkeiten zu finden, einfacher und besser aus dem Unternehmen heraus zu kommunizieren und mit Menschen in den Dialog zu gehen ist bei uns sowie speziell bei mir seit vielen Jahren sehr ausgeprägt. Angefangen mit einer ersten Internetseite 1999/2000 haben wir mit der Social Media Kommunikation in 2010 begonnen. Das Blog und Facebook waren ziemlich zeitgleich am Start, gefolgt von Twitter. Bereits 2006 meldeten wir uns auf der Business-Plattform Xing an und 2009 startete unser Tun auf Youtube. Unser Ziel und auch der Wunsch, Sichtbarkeit über den Tellerrand zu schaffen, Menschen einzuladen uns zu besuchen, mit uns in den Dialog zu gehen und somit Interaktionen zu schaffen, waren der Motor meines Handelns. Sehr schnell spürte ich die Kraft, die darin steckte und baute meine Ziele Stück für Stück aus. So entstanden unsere Strategie und der mittlerweile sehr große Erfolg.
Welche Chancen sehen Sie in der Social-Media-Kommunikation für Handwerksunternehmen?
Die Möglichkeiten, Menschen zu berühren, Einblicke in das Unternehmen zu schaffen, authentisch und lebendig aus dem Unternehmen heraus zu berichten sind ein Teil der großartigen Chancen, um sich für den Kunden von Morgen zu platzieren und Kaufreize zu schaffen. Sichtbarkeit erreichen, gefunden zu werden und auch Image- / Markenbildung sind die größten Chancen, die ich Ihnen verraten möchte.
Nehmen Sie Handwerksunternehmen mit eine paar Sätzen die Angst vor dieser (neuen) Kommunikationswelt.
Das ist nicht einfach, glauben Sie mir. Es ist nicht die Angst, die einem im Wege steht, sondern die Unwissenheit und Bereitschaft Neues zu erkennen und als Chancen sichtbar zu machen. In meinen vielen Vorträgen und Coachings höre ich oft das Stöhnen, wenn ich von meinem Tun spreche. Die größte Hürde ist die Person selbst, weil der Alltag in den meisten Unternehmen keine Zeit übrig hat. Noch…
Ich lade alle immer wieder herzlich gerne ein, mich in ihr Unternehmen zu holen, meinen Vorträgen zu lauschen und die Handbremse zu lösen. Das wirkt die größten Wunder.
Warum geht es auch für ein Handwerksunternehmen heute nicht mehr ohne Social-Media?
Social Media ist kein Allerheilmittel und es geht auch sicherlich ohne. Doch fragen wir uns mal ganz ehrlich: „Wer muss sich an wem ausrichten?“ – Viele Unternehmen denken, dass Kunden sich auf das Unternehmen einstellen müssen, das ist zu kurz gedacht und ich sage bewusst: „Das ist fahrlässig“. Ein erfolgreiches Unternehmen zeigt sich dort, wo die Zielgruppen sind und das können problemlos fünf Social-Media-Bühnen sein. Die Zugriffszahlen derer Menschen, die über soziale Medien bereit sind Geschäfte zu tätigen steigt extrem stark an und das wird in den nächsten Jahren einen weiteren, unglaublich großen Schub annehmen. Mobilität und Flexibilität geht vor Öffnungszeiten. Die Generation ab 40+ liebt das und kennt sich perfekt damit aus. Wer also meint, nicht dabei sein zu wollen, kann auch gleich überlegen, den Laden in fünf Jahren abzuschließen. Zu viel Energie und Zeit wird dann benötigt, um sein Unternehmen dann effektiv zu platzieren. Wer will das denn wirklich und dann sollen die Unternehmen noch in die nächste Generation übergeben werden? Stellen Sie sich mal vor, ein potentieller Kunde sucht nach Ihrer Dienstleistung und Sie sind nicht dabei! Das bedeutet, dass Sie für den potentiellen Kunden nicht existieren. Hart oder?
Worauf muss ich als Handwerker achten?
Auf eine gesunde, authentische Mischung und ein gutes Team. Ziele setzen, Risiken und Chancen abwägen und Verantwortliche im Unternehmen aussuchen, die bereit sind, Social-Media-Marketing im Unternehmen mitzugestalten. Dann heißt es Experten ins Boot holen, lernen, Pläne schmieden und anfangen. Aber, nichts überstürzen. Hierbei handelt es sich um einen Marathon und nicht um einen Sprint. Finger weg vom Fankauf und bewussten Aktionen, sofort der Beste und Erste zu sein. Das kann fatale Folgen mit sich bringen.
Wie viel Zeit muss ich mindestens investieren? Und wie viel Zeit stecken Sie in diese Kommunikation?
Dafür gibt es keine Vorlage oder Regelschrift. Um sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen sind pro Woche zu Beginn zwei bis vier Stunden gut investierte Zeit. Je mehr Interaktionen und somit auch Aktivität entsteht wird das Zeitinvestment stetig mehr werden. Am Beispiel meines Unternehmens sind das je Tag im Schnitt vier Stunden und somit bereits eine Vollzeitaufgabe mit großartiger Nachhaltigkeit.
Aus dem Bauch heraus oder haben Sie eine klare Content-Strategie?
Eine Mischung aus Beidem. Natürlich ist es eine Frage der Planung und ich rate auch vielen dazu, sich zu überlegen, welche Story wann gepostet werden soll oder darf und was auch zum Unternehmen passt. In der Regel entstehen die Geschichten auf der Baustelle, in der Firma oder auf den Wegen dazwischen. Ein Artikel in der Woche im Blog und täglich ein Posting auf Facebook sind für den Start zu empfehlen. Mit der Zeit kommt ein gesundes Gefühl für Intervalle und eine gute Portion, die zum Unternehmen passt.
Verfolgen Sie bei Social-Media die Strategie „Learning-by-doing“ oder gehören Sie zur Fraktion Weiterbildungsjunky?
Eine gesunde Basis zu den elementaren Grundlagen sollte bereits vorhanden sein. Auf diese Grundlage kann man sehr gut aufbauen. Mit Sicherheit rate ich nach meinen vielen Jahren Erfahrung, sich einen Experten ins Haus zu holen, der einen auf den ersten Schritten begleitet und schrittweise an das Thema heranführt. Dieses erworbene Wissen mit learning-by-doing-Komponenten zu koppeln ist für mich der effektivste Weg.
Viele Fragen nach dem „Return of Investment (ROI)“ tauchen im Zusammenhang mit Social-Media-Kommunikation auf. Haben Sie ihn für sich schon ausgemacht?
Nichts zu tun ist unbezahlbar und das konnte sowie wollte ich mir nie leisten. Das vorab. In den ersten Überlegungen unseres SocialMedia-Tuns haben wir uns weniger mit der Frage „und was ist für uns drin?“ beschäftigt, sondern vielmehr die Frage gestellt: „Was können wir für uns im Verhältnis zu dem großen Wettbewerb aus den zur Verfügung stehen Möglichkeiten tun, um effektiver ans Ziel zu kommen?“. Dadurch, dass wir durch unsere sehr stark ausgeprägten Inhalte im Blog, den Internetseiten, Facebook, Google+, Twitter, Xing, Youtube und Pinterest das Internet füllen, werden wir auch mit affinen Suchbegriffen die zu unserem Repertoire gehören, sehr stark gefunden, angefragt und immer häufiger beauftragt. Wer das sucht, was wir liefern, muss zu uns kommen, ohne uns zu kennen. Ist das geschafft, versuchen wir den „Kunden“ auf unseren Seiten ein tolles Ambiente zu bieten, tolle Storys und Fotos inklusive. Das nennen wir einen Big-Point. Jetzt geben wir die Möglichkeit mit uns sofort in Kontakt zu treten und das sind mittlerweile pro Tag vier Anfragen im Schnitt. In 2012 konnten wir so 360.000 EUR und in 2013 260.000 EUR Umsatz verbuchen. Das ist ja nur ein ROI. Auf die Markenbildung, das Image, Fachkräftegewinnung und das Top-Betriebsklima als Konsequent will ich hier gar nicht eingehen.
Wie viele Aufträge generieren Sie über Social-Media-Kanäle?
Ausschließlich über Social Media Marketing kann ich Ihnen das nicht genau sagen. Fakt ist aber, dass die ganzheitliche Social-Media- /Internetmarketing-Strategie einen sehr großen Anteil daran hat. Um einen Auftrag zu bekommen benötigt es erfahrungsgemäß viele Touchpoints, also Berührungspunkte. Laut unserer Nachfragen am Neukunden direkt, sagen neun von zehn, dass sie über unsere Onlineaktivitäten aufmerksam geworden sind und die authentische und kurzweilige Präsentation den finalen Auslöser brachte.
Wie binden Sie Ihre Mitarbeiter in die Social-Media-Kommunikation für den Heyse Malerfachbetrieb ein?
In dem wir das, was unsere Arbeit ausmacht in Form von Bildern und Storys gemeinsam sammeln. Meine Mitarbeiter liefern mir Bilder direkt von der Baustelle oder senden mir Infos, Tipps sowie Ideen, die ich unseren Fans zeigen darf. Dadurch, dass ich sehr viel auf den Baustellen und beim Kunden unterwegs bin, entdecken wir auch zusammen viele tolle Storys. Auch ist es uns sehr wichtig, die Mitarbeiter durch regelmäßige Vorstellungen live auf den Kanälen vorzustellen – direkt von der Arbeit, beim Streichen, Tapezieren und Gestalten. So ermöglichen wir zusammen den Blick hinter die Kulissen.
Wo liegt bei Ihnen die Grenze zwischen beruflichen und persönlichen Postings? Gehört die persönliche beziehungsweise private Seite auch zum Erfolgsrezept?
Generell versuche ich beides voneinander zu trennen. Als Inhaber und Geschäftsführer meines Unternehmens erlebe ich sicherlich auch in meiner Freizeit Dinge, die stimmig sind zu meinem Berufsleben. Ich prüfe für mich, was ich davon in die Onlinekommunikation geben und somit teilen kann. Zum Erfolgsrezept gehört es jedoch nicht.
Thema Fachkräftegewinnung: Spielt Social-Media in dieser Sache eine wichtige Rolle?
Eine sehr große Rolle sogar. Die Authentizität die wir an den Tag legen, die Berichterstattung von unseren Projekten und wie wir unsere Mitarbeiter vorstellen und ins Spiel bringen kommt sehr gut an. Das sehen auch viele Fachkräfte aus dem Malerhandwerk, die wir selber noch nicht kennen. Wertschätzung, Respekt und Zusammenhalt gibt es in vielen Firmen zunehmend weniger. Bei uns ist das anders und wir legen mit unserer Kommunikation nach Außen noch eine Schippe drauf. Wir wollen bewusst, dass das so viele wie möglich erfahren.
Konnten Sie auf diesem Weg schon neue Kollegen gewinnen?
In den letzten drei Jahren haben wir vier sehr gute Fachkräfte durch unsere Aktivität anziehen und somit unser Expertenteam nachhaltig aufbauen können. Aufmerksam wurden alle durch unsere Art, wie wir uns im Internet präsentieren. Ein wirklich großer Touchpoint!
Herr Schultze, wir danke Ihnen für das tolle Gespräch!
Bildquelle für alle Bilder: Malerfachbetrieb Heyse GmbH & Co. KG
Comments 3
Liebe Frau Kluska,
herzlichen Dank für das spannende Interview. Sehr gerne haben ich Ihre Fragen beantwortet.
Vielleicht ist es für Ihre Leser interessant, wenn ich Ihnen hier einen Link zu meinem Blog nenne, in dem viele Impulse für Handwerker zu finden sind –> http://blog.maler-heyse.de/social-media-alles-rund-um-facebook-google-twitter-und-soziale-netzwerke/
Sonnige Grüße und bis bald,
Ihr Matthias “HEYSE” Schultze
Sehr interessant zu lesen, dass (und wie) auch “klassische” Handwerker diesen Marketing Kanal nutzen! Dass Authentizität hier als wichtiger Faktor genannt wird, kann ich nur bestätigen. Manchen ist immer noch nicht klar, das plumpe Werbung im Social Media Bereich nicht funktioniert. Hier braucht es den Dialog auf Augenhöhe.
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